Flüchtlinge.
Dieses Thema ist nun schon seit Wochen und Monaten in den Medien und beschäftigt uns alle.
Es wird Panik geschürt, von einer Flüchtlingsschwemme nach Europa ist die Rede.
Extreme Gruppierungen wie Pegida formieren sich und spalten das Land.
Vor ein paar Stunden gab es erneut eine grausame Schlagzeile: hunderte von Flüchtlinge sind auf dem Weg in ein vermeintlich besseres Leben auf tragische Weise im Mittelmeer ertrunken.
Doch wer von uns hat sich denn tatsächlich schon einmal Gedanken darüber gemacht, was eine Flucht für die Betroffenen bedeutet? Wer von uns weiß schon bzw. kann auch nur ansatzweise nachvollziehen, welchem Leiden die Menschen in ihren Heimatländern ausgesetzt sind, um dann eine so weitreichende Entscheidung zu treffen, alles hinter sich zu lassen und sich auf einen ungewissen Weg in eine noch ungewisse Zukunft zu begeben? – Immer mit der Hoffnung, dass am Ende der Reise ein Happy End auf sie wartet.
Den Münchner Photojournalisten Paul Knecht beschäftigten diese Fragen ebenfalls. Für eine Dokumentation beschloss er 2012, sich unter falschem Namen als Georgier auszugeben, sich einer Flüchtlingsgruppe anzuschließen und sich von einem Schleusern von der Türkei aus nach Griechenland schmuggeln zu lassen. Einziger Unterschied zu seinen Gruppenmitgliedern war die Gewissheit, dass ihn am Ende der Reise sein sicheres Leben in Deutschland zurück erwartete und nicht die Abschiebung zurück ins Elend drohte.
Bewaffnet mit einer kleinen Kompaktkamera und Infrarotausstattung begann Paul seine unsichere Reise mit fremder Identität von Instanbul in der Türkei aus über den Festungsgraben Europas: den Fluss Evros, welcher die Türkei von Griechenland trennt.
Das Dreiländereck zwischen Griechenland, der Türkei und Bulgarien ist für asiatische und afrikanische Flüchtlinge das Tor nach Europa.
Diesen Weg haben vor Paul Knecht schon zehntausende Flüchtlinge auf der Suche nach einem besseren Leben angetreten. Im Gepäck nur einen kleinen Rucksack mit Habseligkeiten aus dem alten Leben und eine große Portion Hoffnung. Sicher werden noch viele weitere diesem Weg folgen.
Der Weg in eine vermeintlich bessere Zukunft ist jedoch steinig: es droht der Tod durch Ertrinken, durch Ermordung oder das Aufgreifen durch Grenztruppen und das damit verbundene Verfrachten in Abschiebelager.
Mit einem Zweimann-Paddelboot musste die 12-köpfige Flüchtlingsgruppe von Paul Knecht den Fluss Evros überqueren. Von dem Gedanken angetrieben, dass nur dieser Fluss sie von einem besseren Leben trennt, kämpften die Flüchtlinge um ihr Überleben.
Angekommen auf der anderen Seite des Flusses war das Ziel der nächste Bahnhof, denn von dort aus fahren Züge nach Athen und weiter nach Italien. Vom Schleuser hatten sie nur eine einzige Information bekommen: sucht die Bahnschienen und folgt ihnen.
Doch leider kennen auch die Grenztruppen inzwischen die Wege der Flüchtlinge. Paul Knechts Gruppe wurde in Griechenland durch Grenzwächter aufgegriffen. Während für Paul Knecht die Reise nun zu Ende war, folgte für die anderen Flüchtlinge ein weiteres ungewisses Kapitel ihrer Reise.
Mit dieser Aktion und den beeindruckenden Bildern, die seine Erfahrungen dokumentieren, möchte Paul Knecht auf die Schicksale der Menschen aufmerksam machen, welche keinen anderen Ausweg sehen, als ihr Land zu verlassen und unter dem Einsatz ihres Lebens alles riskieren, um in Europa ein besseres Leben zu finden.
Am 17.04. startete mit einer Vernissage im Hole of Fame in Kooperation mit der Dresdner Hochschulgruppe von Amnesty International die dreiteilige Ausstellungsreihe „Contact Perspectives“ zu den Themen Flucht, Migration und transkulturellem Zusammenleben.
Die Bilderreihe von Paul Knecht „Flucht nach Europa“ ist unter dem Namen „ContactPerspectives #1“ der Auftakt der Ausstellungsreihe und kann noch bis zum 2. Mai im Hole of Fame besucht werden.
Leider ist Dresden in den letzten Monaten durch die zahlreichen Schlagzeilen um Pegida in Verruf geraten.
Für Aufklärung, den Kampf gegen Pegida und für ein weltoffenes, gastfreundliches Dresden kämpfen die ehrenamtlichen Betreiber des Hole of Fame in Kooperation mit der Dresdner Hochschulgruppe von Amnesty International.
Das Hole of Fame war ursprünglich ein Projektraum, in dem u.a. Kunstausstellungen, Konzerte oder Lesebühnen veranstaltet wurden.
Um dem Ganzen eine entsprechende Organsiationsstruktur zu geben, wurde im März 2014 ein gemeinnütziger Verein gegründet, welcher ein vielfältiges Programm von Ausstellungen, Konzerten, Lesungen, Theaterstücken, Film- und Diskussionsabenden, Workshops, Projektpräsentationen und anderen Veranstaltungen im Bereich Kunst und Kultur organisiert und diesen Veranstaltungen einen Raum gibt.
Gefördert wird das Hole of Fame durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und von der Landeshauptstadt Dresden, Amt für Kultur und Denkmalschutz.
Wer von euch also spontan Lust auf einen kleinen Städtetrip hat, oder sowieso gerade eine Reise nach Dresden geplant hat, dem kann ich nur ans Herz legen, im Hole of Fame vorbeizuschauen.
Auch ein Blick auf die Homepage von Paul Knecht lohnt sich. Neben der Bilderreihe seiner „Flucht nach Europa“ arbeitete er in den letzten Jahren auch an weiteren Reportagen im Sudan, im Südsudan, in der Türkei, in Israel und in Europa.
Vielen Dank an die Organisatoren für einen tollen, sehr interessanten Abend in Dresden!